Österreich sucht die Leitkultur:
Was ist Leitkultur?

03. April 2024
Die ÖVP sucht die Leitkultur.

Was ist Leitkultur?

Seit die schier überbordende Gewalt mancher Jugendlicher mit migrantischen Wurzeln die Nachrichten schwemmen, wurde innerhalb der Kanzlerpartei eine Diskussion, ob es einer gemeinsamen Leitkultur bedürfe, gestartet. Aber was ist eine Leitkultur? Wo findet und wie definiert man diese? Und wie vermittelt man diese, sofern festgelegt, dann den Menschen?


Was ist eine Leitkultur? Und wozu braucht's das?

Schlägt man nach, so findet man als Erklärung für den Begriff „Leitkultur“ nichts anderes als eine Hausordnung für Menschen aus verschiedenen Kulturen in einem werteorientierten Gemeinwesen. So beschreibt es jedenfalls der Begründer dieses Begriffes, der Politologe Bassam Tibi. Oder anders ausgedrückt: Leitkultur ist ein auf europäischen Werten basierender gesellschaftlicher Konsens, der als Klammer zwischen der Mehrheitsgesellschaft und aus andere Kulturkreisen Zugewanderten dienen soll. Politisch wird der Begriff im konservativen bis rechtskonservativen Lager verortet. So bediente sich in Österreich bisher vor allem die FPÖ des Begriffs einer Leitkultur, aber auch Politiker wie Anneliese Prokop oder Andreas Khol (beide ÖVP). In Deutschland war es Friedrich Merz, einer der heute noch führenden CDU-Politiker, der im Jahr 2000 eine öffentliche Diskussion zu einer Deutschen Leitkultur vom Zaun brach, die nicht ohne Polemik geführt wurde, da eine Deutsche Leitkultur als Steilvorlage für die Neue Rechte bezeichnet wurde. Resultat: Bei der Wahl zum Wort des Jahres im Jahr 2000 wurde Leitkultur auf den 8. Platz gewählt, während im gleichen Jahr das Wort Deutsche Leitkultur zum Unwort des Jahres gekürt wurde.

Das Ansinnen, durch die Leitkultur „Anstand, Werte, Tugenden“ (Jens Spahn, CDU) zu vermitteln, wirft Fragen auf, die aktueller denn je sind: Denn was verstehen wir unter Anstand, Werten und Tugenden? Und unterliegen Werte und Tugenden nicht einem ständigen Wandel? Sind die Werte und Tugenden von heute noch dieselben wie vor 20, 30 oder gar 40 Jahren? Und wer setzt diese fest?


Anstand, Werte, Tugenden haben Zeitablauf – auch wenn wir sie konservieren wollen!

Eine Gesellschaft entwickelt sich weiter, ändert sich in ihrer Zusammensetzung, wird vom Weltgeschehen geprägt. Was heute noch als Konsens gilt, wird vielleicht in 30 Jahren als altbacken gesehen und vielleicht sogar belächelt werden. Sind es nicht auch etwa die kleinen Dinge, die den großen Rahmen ausmachen, wie wir uns anderen gegenüber verhalten? Wenn heute die junge für die ältere Generation in U-Bahnen und Straßenbahnen nicht mehr aufsteht, um ihr den Sitzplatz zu überlassen, verstößt sie dann gegen die Leitkultur? 

Was ist also die Basis dieser Leitkultur? Die zehn Gebote des Alten Testaments als gemeinsamer Nenner? Der Generationenvertrag? Dann müssten wir alle danach trachten, diesen auch einzuhalten. 

Unter diesem Gesichtspunkt betrachtet, ist die Aufgabe, vor der Österreichs Integrationsministerin, Susanne Raab, steht, keine leichte. Auch weil unsere Debatten im öffentlichen Raum auf diverse Empfindlichkeiten, Herkünfte und Divergenzen gerichtet sind, anstatt sich im großen Ganzen zu solidarisieren. Diesen gemeinsamen Nenner zu finden, wird damit zur Herausforderung, weil sich gesellschaftliche Pole immer mehr an den Rändern formieren und dort das Wort über die schweigende Mitte übernehmen. Wenn dann gleichzeitig eine einzelne Partei für sich beansprucht, einer gesamten Gesellschaft eine Leitkultur zu geben, wie dies etwa in Deutschland passiert ist, wird das hehre Unterfangen, einen breiten Konsens zu schaffen, schon zu Beginn zu Grabe getragen.

 

Was ist der Konsens?

So wie in einem Unternehmen ein Leitbild durch die Einbeziehung aller zentralen Akteure erstellt wird, kann ohne die Einbeziehung aller Bevölkerungsteile keine Leitkultur, die von breiter Akzeptanz getragen wird, geschaffen werden. Aber wer könnte diese Aufgabe übernehmen?

Ist nicht eine Leitkultur die Spange an akzeptierten Grenzen aller gesellschaftlichen Ebenen, die uns als Gesellschaft umgibt? Denn in diesem Raum finden sich Normen und Regeln für ein funktionierendes Miteinander. Hier passiert das, was wir als Konsens akzeptieren. Ein Pflichtenbuch daraus abzuleiten, wäre aufgrund der gelebten Vielfalt eine Unmöglichkeit– und wer würde das schon lesen? Aber ein Spiegel dessen könnte mithilfe der Leitmedien bewerkstelligt werden.


Fernsehen = ein Spiegelbild der Gesellschaft

Bis tief in die 1990er war das Fernsehen das sprichwörtliche Feuer, um das sich alle im Wohnzimmer versammelten? Für Rundfunkgesellschaften war damals die Welt noch in Ordnung: Man hatte die Meinungs- sowie Deutungshoheit und bestimmte den öffentlichen Diskurs. 

Der Vorwurf, es handle sich um Systemmedien, welche manipulierende Fake News verbreiten, kam erst mit der Durchdringung von Social Media und Playern, die sich gerne an die Empörungsklaviatur setzten. Die sogenannte „vierte Macht“ hat heute keine einfache Aufgabe - und auch in diesem Punkt bildet sie die Gesellschaft ab und liefert uns ein Spiegelbild dieser.


 

Warum nutzen wir nicht das Fernsehen? Leitmedien als Leitkultur?

Die Förderung introvertierter Schüler im Bildungssystem ist ein wesentlicher Schritt hin zu einer umfassenderen und gerechteren Bildungsumgebung. Durch das Verständnis ihrer einzigartigen Bedürfnisse und Stärken und die Anpassung unserer Lehrmethoden und Bewertungssysteme können wir ein unterstützendes und einbeziehendes Klassenzimmer schaffen. Moderne Technologien, wie uugot.it, können in diesem Prozess eine wertvolle Rolle spielen, indem sie individuelles und angepasstes Lernen ermöglichen, das besonders für introvertierte Schüler förderlich ist. Diese Tools unterstützen, dass die Kinder bzw. Lernenden im Allgemeinen in ihrem eigenen Tempo und auf ihre eigene Art und Weise lernen.

Letztlich geht es darum, eine Lernumgebung zu schaffen, in der alle Schüler, unabhängig von ihrer Persönlichkeit, die Möglichkeit haben, zu wachsen, sich zu entwickeln und zu gedeihen. Indem wir die Talente und Fähigkeiten introvertierter Schüler erkennen und fördern, bereichern wir nicht nur ihr Lernen, sondern auch die gesamte Schulerfahrung für alle Beteiligten.


Schlusswort

Das Medium Fernsehen ist omnipräsent, niederschwellig zugänglich und spielt eine wesentliche Rolle in der Abbildung und Formung gesellschaftlicher Werte und Normen, was es zu einem potenten Instrument der Integrationsförderung machen würde. In diesem Sinne ist die Entwicklung einer Leitkultur nicht nur ein Prozess der Definition von Werten und Normen, sondern auch der Reflexion und des Dialogs über die Vielschichtigkeit und Dynamik der Gesellschaft.

Die Debatte um die Leitkultur offenbart, dass es nicht ausreicht, eine statische Liste von Werten und Normen zu erstellen. Und es darf nicht der Versuch gestartet werden, daraus politisches Kleingeld zu lukrieren. Vielmehr muss ein dynamischer und inklusiver Prozess angestoßen werden, der es ermöglicht, gemeinsame Werte zu identifizieren und zu leben, die den Respekt und die Wertschätzung aller Mitglieder der Gesellschaft, einschließlich der zugewanderten Menschen, fördern. Hierbei ist besonders der Aspekt der Akzeptanz und Anerkennung von weiblichen Fachkräften in von Migranten geprägten Gemeinschaften hervorzuheben, der eine besondere Herausforderung in der Integration darstellt. 

In Anbetracht dessen ist es essenziell, dass die Medien, insbesondere das Fernsehen, ihre Rolle als Bildungs- und Integrationshelfer verstärken. Durch die Bereitstellung von Inhalten, die kulturelle Vielfalt fördern, können sie zur Schaffung eines gesellschaftlichen Konsenses beitragen, der die Grundlage für eine erfolgreiche Integration und das gute Zusammenleben aller Menschen bildet. Die Leitkulturdebatte sollte somit als Chance begriffen werden, gemeinsam an einer Zukunft zu arbeiten, in der Vielfalt als Bereicherung und nicht als Hindernis verstanden wird. Nur so kann eine Leitkultur entstehen, die als echter Kompass in einer pluralistischen Gesellschaft dient.


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Published: 2021-11-03  |  Last update: 2021-11-03 | Tags: Integration, Sprachen lernen, Untertitel, Finanzierung, Förderungen, Österreich, MigrantInnen, ORF, Corona